Andrea Arnold («Fish Tank») zeichnet wie Altmeister Ken Loach die unterste Schicht der britischen Gesellschaft präzise und schonungslos. In «Bird», der in einem Milieu spielt, wo Wohnungen eher besetzt als gemietet werden und Grosseltern um die 30 keine Sensation sind, geht sie aber noch einen grossen Schritt weiter. Trotz der prekären, manchmal haarsträubenden Verhältnisse findet sie Bilder voller Schönheit und Poesie. Die 12-jährige Bailey (Nykiya Adams) streift durch die Gegend von Kent, bewundert ihren Bruder, streitet sich mit ihrem Vater und seiner neuen Freundin, besucht ihre Mutter, trifft auf den geheimnisvollen Vagabunden Bird (Franz Rogowski) und versucht einen Weg für sich zu finden. Regisseurin Andrea Arnold, die selber in einer Sozialsiedlung in Kent aufgewachsen ist, ist ein wunderbar berührender Coming-of-Age-Film zwischen Märchen und Drama gelungen.